Ist Gott überflüssig?

Des öfteren werde ich mit Aussagen und Meinungen konfrontiert, dass der christliche Glaube veraltet, religiöse Zuwendung überflüssig und die Kirche bald ihrem Untergang geweiht seien.

Überholt sei der Glaube, weil er den Menschen in seiner Selbstverwirklichung ausbremse, quasi darin sabotiere, da eine höhere Instanz diktieren würde, was gut und richtig sei und was man zu tun und zu lassen hätte. Der Mensch würde von Seiten der Religion als unmündig erklärt und die Kirche sei Institution des infantil gebliebenen Menschen.

Für viele Menschen, so scheint es, ist Gott in ihrem realen Leben nicht mehr vorhanden, nicht mehr spür- oder wahrnehmbar. Es wird zunehmend als befremdlich gesehen, wenn einzelne Menschen oder Familien ihren Glauben lebendig leben, beten und Gottesdienst feiern. Sonntags geht man dann doch lieber zum Brunch als in die Kirche.

Auch eine gewisse Enttäuschung und Wut mancher Menschen sind zu spüren. Wie kann Gott, wenn es ihn denn gibt, all das Böse und Ungute zulassen? Warum sterben Unschuldige, warum Kinder? Warum Kriege, Hunger und andere Katastrophen? Das sind absolut berechtigte Fragen! Ein ganzer Zweig der Theologie befasst sich seit jeher damit. Aber vielleicht neigen wir alle allzu schnell dazu, mit der sogenannten Theodizee-Frage eine Ausrede zu schaffen, damit wir nicht tiefer hinterfragen und vertrauen müssen?

Sollten dennoch spirituelle Sehnsüchte auftauchen, wendet man sich tendenziell den exotischen, fernöstlichen Wegen zu. Sie erscheinen vielen Menschen meines Erachtens als reiner, perfekter und besser. Darin liegt nichts Falsches und ist mehr als legitim. Doch der in der eigenen Kultur eingewobene Glaube gerät dadurch mehr und mehr in Vergessenheit, und damit die darin enthaltenen spirituellen Schätze.

Mir ist es selbst so ergangen. Ich habe innerhalb der Konfession, in die ich quasi hineingeboren bin, nur unzureichend Antworten auf meine inneren Fragen und Sehnsüchte gefunden. Ich wandte mich Yoga zu und fand: meinen christlichen Glauben zurück, aber diesmal von Grund auf erneuert. Dazu aber ein andermal mehr…

Die Bibel als Antwort auf das menschliche Leben wird gern ignoriert. Immer wieder wird behauptet, man wisse, was in der Bibel steht. Doch die Realität sieht dann leider anders aus. Und wenn dies auffliegt wird gemeint, es sei überhaupt nicht mehr nötig, sich damit zu befassen. Alte Kamellen, verstaubte Geschichten, die ins Reich der Märchen und Mythen einzuordnen wären. An der historischen Person Jesu wird vielleicht nicht mehr gezweifelt, doch wie vieles geht verloren, wenn wir dort stehenbleiben?

Feste wie Ostern und Weihnachten werden vielerorts, so sie denn überhaupt noch gefeiert werden, oft als hohle Variante des Konsumismus begangen. Viele Kinder wissen nicht mehr um die Bedeutung der Feiertage wie Pfingsten und Himmelfahrt. Letzteres wird dann zum „Herrentag“ erklärt und in seiner Umsetzung zum kollektiven Besäufnis der Männer.

Menschen aus der ehemaligen DDR sind besonders häufig betroffen. Denn oft wurde ihnen der christliche Glaube systematisch vorenthalten. Daraus resultierend können sie darin keine Kraftquelle für ihr eigenes Leben finden, geschweige denn einen entsprechenden Erfahrungsschatz an ihre Kinder weitergeben.

Einige Atheisten, die mir begegnen, behaupten ganz nach Kant, man könne auch moralisch leben ohne Gott. Sicherlich kann man das. Aber warum sollte man? Denn: „Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt“ (Fjodor M. Dostojewski).

Konsum und Selbstverwirklichung gegen die Sinnlosigkeit?

Können wir, wenn nun zum Beispiel der Konsum zur Ersatzreligion wird und die Menschen lieber in die Einkaufszentren pilgern anstatt in die Kirche zu gehen, vom zufriedenen, unabhängigen, mündigen Menschen sprechen, wenn das Leben ins Oberflächliche, letztlich Sinnentleerte gleitet und wir auf das Äußerste manipuliert werden, was wir tun (kaufen) und lassen (glauben) sollen?

Viele Menschen arbeiten und produzieren sich im Namen der Selbstverwirklichung bis zur Erschöpfung. Doch wo ist der tiefere Sinn unsres Lebens geblieben? Um immer mehr herstellen zu können, um den Konsum-Wunsch der Menschen zu befriedigen, werden Tierwelt und Lebensräume teils unwiederbringlich zerstört. Der Mensch hat sein Maß verloren, denn er hat sich der Schöpfung enthoben, weil er meint, er sei selbst der Schöpfer.

Wir können die Frage nach einem Sinn verdrängen oder sie als nicht zu beantworten abstellen. Doch die unbewusste Verzweiflung ist dennoch zu sehen oder zu spüren. Wir verlieren uns in Süchten (Drogen, Alkohol, Sex, Spielsucht, Beziehungssucht..) in den Ablenkungen, im Vergnügen, im Konsum, in der Arbeit usw. Schließlich hat Sucht etwas mit Suchen zu tun! Doch was suchen wir so verzweifelt oder besser: Wen?

Die Wissenschaften, politische Weltanschauungen und gesellschaftliche Modelle können dem Menschen auf vieles eine Antwort geben und Lösungen anbieten, aber nicht auf den letzten Sinn menschlichen Lebens. Ohne darauf eine befriedigende Antwort zu bekommen, gleitet der Mensch sukzessiv in die Orientierungslosigkeit. Dies ist die Krise unserer Zeit.

Was ist der Mensch letztlich?

Hinzukommt die nun immer realer werdende, gefühlte Bedrohung, die von Extremisten und Fanatikern ausgeht. Die Menschen haben Angst. Sie fürchten Terroranschläge und Krieg. Doch wenn die eigene kulturelle und spirituelle Identität schrumpft, was können wir dann dagegen halten? Wer sind wir (noch)?

Kann der Mensch vielleicht doch nur von seinem Ursprung und Ziel in Gott aus verstanden werden? Vielleicht verfehlen wir mit dem Ausschluss Gottes aus dem Leben nicht nur die Wahrheit über Gott, sondern auch die des Menschen? Und steht die Würde des Menschen vielleicht gar nicht im Widerstreit mit der Anerkennung Gottes? Vielleicht liegt sogar die größte Freiheit und Mündigkeit des Menschen ausschließlich bei Gott?!

Woher bezieht der Mensch seinen letzten Sinn, wenn nicht aus Gott? Warum sollte er sich moralisch verhalten, wenn der Mensch nicht mehr ist als Materie, die kommt und geht nach Zufallsprinzip? Sind wir wirklich nur Laune des Schicksals oder der Natur?

Glauben

Glaube bedeutet nicht ein bloßes „Für-Wahr-Halten“ von (vielleicht vermeintlich verstaubten und starren) Glaubenssätzen. Es bedeutet nicht, kindlich-naiv alles anzunehmen und nichts zu hinterfragen. Glauben bedeutet, ein Wagnis einzugehen.

Glauben bedeutet auch, Vertrauen in etwas zu haben, dass man nicht bis zu Ende verstehen kann. Abraham ist hierfür ein gutes biblische Beispiel. Der Glaube ist ein Weg, dessen Ziel ich nicht kenne. Und dennoch wird dieser Weg gegangen – als eine Liebeserklärung an Gott.

Meines Erachtens steuern wir schon seit längerem unter anderem auf instabile Zeiten zu, weil Gott für überflüssig erklärt wurde. Die Frage nach Gott, insbesondere nach einem durchaus lebendigen und liebenden Gott muss jedoch in unsren Köpfen und Herzen wach bleiben. Gott ist keineswegs überflüssig oder gar tot, wie manche zu behaupten wagen. Ich bin überzeugt: Gott lebt und er wartet sehr geduldig auf uns! ER braucht uns nicht, aber er will uns!

Gott ist nicht überflüssig – hundertprozentig nicht!

9 Antworten zu „Ist Gott überflüssig?”.

  1. Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt?
    Meinst du das im Ernst? Weißt du tatsächlich keine Gründe, moralisch zu leben, wenn es keinen Gott gibt?

    1. Liebe Muriel, vielen Dank für deinen Einwand. Das „Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt“ stammt von Fjodor M. Dostojewski, nicht von mir. Dennoch frage ich mich, auf welcher tieferen Grundlage wir es für richtig halten, moralisch zu leben. Wir wollen gut sein, nicht wahr? Vielleicht Niemandem absichtlich schaden, niemanden töten usw. Wir möchten es nicht, weil wir es nicht für richtig halten, oder? Warum? Frage ich dich…Warum lebst du moralisch? Was sind deine Gründe? Es geht hier nicht darum, dass ich recht habe und wie gesagt, ist es ein Zitat. Ich möchte wissen, wie du es siehst. Liebe Grüße, Scarlett

      1. Ja, aber ich hab zuerst gefragt…

      2. Ich hätte Gründe, sie wären für MICH aber ohne Gott ohne Fundament, weil ich glaube…das mag für dich anders sein, vermute ich..

      3. In der Tat. Aber wie ist es denn bei dir? Wenn du morgen herausfändest, dass dein Gott nicht existiert, würdest du dann mordend und raubend durchs Land ziehen? Oder siehst du vielleicht doch ein paar Gründe, die auch ohne Gott noch ein Fundament haben?

      4. Eine sehr theoretisch-hypothetische Frage… Die Liebe ist das Fundament, welche uns nicht mordend und raubend durchs Land ziehen lässt. Aber woher kommt diese?! Nun bist DU dran 🙂

      5. Naja. Das ist ein Begriff für eine recht komplexe Ansammlung von Gefühlen. Wahrscheinlich müsstest du das einen Psychologen oder Neurologen fragen, oder in entsprechender Fachliteratur nachschlagen, wenn du mehr darüber wissen möchtest. Darf ich noch mal fragen, inwiefern das für dich der Grund ist, aus dem du deine Mitmenschen nicht ermordest, und ob es der einzige ist?

      6. Die Liebe ist m.E. kein Sammelsurium an Gefühlen. Das ist unter anderem eines der größten Missverständnisse unserer heutigen Zeit… Liebe ist eine Entscheidung und eine Lebenshaltung. Ich denke, es ist müßig, wenn wir beide diskutieren. Du glaubst nicht an Gott, ich schon. Meine Welt gründet auf ihm und ich durfte ihn mehrere Male erfahren. Du hast hierfür vielleicht andere Erklärungen, die ich respektiere. Bitte respektiere auch meine.

      7. Naja, es ist insofern nicht müßig, als ich gehe deine Sicht kennenlernen würde, aber wenn du lieber nicht möchtest, dann lass ich dich natürlich in Ruhe. Alles Gute wünsch ich noch.

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